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Kategorie Politik
Ausgabe SoSe07 - 6
Autor Johannes Gütschow

Was wollen die Globalisierungskritiker? - Eine Ãœbersicht

Jeden Tag sterben 100.000 Menschen an Hunger, die Polkappen schmelzen, und das Gefälle zwischen arm und reich wird ständig steiler. Schuld an allem sind nur die zionistischen Regierungen der G8-Staaten...

Glücklicherweise glaubt das fast niemand. Nur bei NPD und Nazikameradschaften, die für ihre Globalisierungskritik Juden als Feindbild wiederentdeckt haben, wird man vielleicht fündig. Die Neonazis sehen eine „völlig degenerierte politische Klasse“ an der Macht und fürchten die Globalisierung als „Schrittmacher der Überfremdung“.

Von denen, die um Heiligendamm herum demonstriert haben, wird diese Ansicht nicht geteilt. Es gibt überhaupt keine einheitliche Meinung der Globalisierungskritiker. Relativ ähnlich sind bei allen GlobalisierungskritikerInnen die Probleme, die im Zusammenhang mit den G8 gesehen werden: Hunger trotz Überproduktion, steigendes Gefälle zwischen arm und reich, die Vernachlässigung ökologischer Fragestellungen - um nur einige Beispiele zu nennen. Bei der Benennung der Ursachen dieser Misstände scheiden sich aber die Geister. Auch bei den Handlungsperspektiven gibt es große Unterschiede.

Greenpeace beispielsweise versuchte, den G8-RepräsentantInnen mit spektakulären Aktionen Handlungsaufforderungen zu überbringen. Von den G8 wird gefordert, ihre Macht in der Welt zu nutzen, um Gutes zu tun.

Andere Gruppen sprechen den G8-Treffen hingegen jegliche Legitimität ab. Als Beispiel dient hier ATTAC. Die acht Staaten würden die Welt beherrschen. Allein der Name „Weltwirtschaftsgipfel“ für die G8-Treffen zeige schon die Anmaßung dieser Staaten, die Welt allein zu regieren. Die informellen Gespräche entzögen sich der demokratischen Kontrolle. Mit den getroffenen Absprachen wäre es den G8-Staaten, die nur 13% der Weltbevölkerung, aber 65% des Weltbruttosozialprodukts auf sich vereinen, möglich, andere internationale Institutionen zu lenken. Die G8 nutzten diese Macht, um ihre Vormachtstellung in der Welt zu festigen und ihren Großkonzernen Absatzmärkte zu sichern. Neben der Kritik an den G8 wird oft auch Kritik am Kapitalismus als Wirtschaftsform geäußert. Als Perspektive für eine „andere Welt“ dient eine globale Demokratie mit globalen sozialen Rechten, wie Recht auf Nahrung, Selbstbestimmung, Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum und Leben ohne Zwang zur Lohnarbeit.

Auch das Bündnis Bock-G8, dem zahlreiche Gruppen aus verschiedenen linken Spektren angehören, lehnt die G8 als Institution ab und organisierte deshalb die Massenblockaden der Zufahrtswege nach Heiligendamm.

... ums Ganze Block auf der Anti-G8 Demo am 2.6. in Rostock. Foto: AJAK 

Die Kritik an den G8 ist einigen Gruppen aber nicht weitreichend genug. Sie grenzen sich inhaltlich bewusst von der „globalisierungkritischen Bewegung“ ab. Die Politik der G8 sei nicht bösem Willen der Herrschenden, sondern kapitalistischen Sachzwängen geschuldet. Bush Merkel und Co. würden ihren Job nicht schlecht machen, sondern eben gerade gut. Es ginge nicht um einzelne Personen, Staaten oder Gremien, sondern um den Kapitalismus als Ganzes. Passend dazu haben sich Vertreter dieser Ansicht unter dem Label „... ums Ganze“ zusammengeschlossen. Aus Braunschweig ist die erst im Vorfeld der G8-Proteste gegründete „Antifaschistische Gruppe BS“ dabei. Trotz Kritik an der „globalisierungskritischen Bewegung“ beteiligte sich das Bündnis an den Protesten gegen den Gipfel, um den Medienrummel zur Verbreitung seiner Kritik am Kapitalismus zu nutzen. Das langfristige Ziel ist die Abschaffung des Kapitalismus'. Auf dem langen Weg dorthin soll eine Perspektive für die Welt nach dem Kapitalismus entwickelt werden.

Das Spektrum der G8-GegnerInnen ist also breit - wie dieser keineswegs vollständige Überblick zeigt. Die Ziele und auch die Aktionsformen sind verschieden. Gemeinsam ist allen, mal abgesehen von den Neonazis, die Forderung nach einer menschlicheren Welt und nach globaler Solidarität. Bei dem Großteil der DemonstantInnen handelt es sich daher auch nicht um Globalisierungsgegner. Vielmehr wird eine andere, solidarische bzw. nicht kapitalistische Globalisierung gefordert.

Johannes Gütschow