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Ausgabe SoSe08 - 9
Autor Fabio Reinhardt

Interview mit Hartmut El Kurdi - zweiter Teil

Zum ersten Teil des Interviews kommst Du hier.

 

BUZe: Nun kommen wir aber doch zum künstlerischen Teil. Erzähl doch mal etwas von deinen aktuellen Projekten.


Hartmut El Kurdi: Mein Arbeitsbereich umfasst nicht nur das Schreiben, sondern auch das Inszenieren und Aufführen der Theaterstücke sowie öffentliche Lesungen. Aktuell habe ich immer noch viel mit meinen Kindertheaterstück „Johnny Hübner greift ein“ zu tun. Ich spiele es selbst, aber es steht auch auf den Spielplänen von sieben oder acht anderen Theatern in Deutschland. Neulich gab’s sogar die österreichische Erstaufführung in Linz. Und nach der Hörspielfassung, die vom Deutschlandradio Kultur in Berlin produzierte wurde, erscheint es im Sommer als Buch. Bei dem Hörspiel war ich übrigens sehr stolz darauf, dass Harry Rowohlt einen großartigen norddeutschen Piraten Braunbart gegeben hat,


BUZe: Hast du darin auch eine Sprechrolle übernommen?


Hartmut El Kurdi: Ja, [verstellt die Stimme] ich habe die sprechende Ratte Pelzi gesprochen.


BUZe: Ist Kindertheater momentan so etwas wie dein künstlerischer Schwerpunkt?


Hartmut El Kurdi: Mittlerweile mache ich fast nur noch Kindertheater, weil ich das am sinnvollsten finde. Es ist, was die Publikumsstruktur angeht, das einzige demokratische Theater, weil man damit einfach alle Personen dieser Altersschicht erreichen kann. Ich trete auch viel an Schulen auf. Hauptsächlich an Grundschulen. Gerne auch an sogenannten Problemschulen. Seltsamerweise muss ich sagen, dass es da bei mir noch nie irgendwelche Probleme gab. Gerade dort, wo es viele weniger privilegierte Kinder mit ausländischem Hintergrund gibt, sind die Kinder am aufmerksamsten. Man merkt, dass es sehr ungewöhnlich für die Kinder ist, dass ihnen vorgelesen und Theater vorgespielt wird. Ganz anders reagieren Kinder, die man typischerweise eher der Mittelschicht zuordnen würde. Die sind das viel mehr gewohnt und dadurch auch viel gesättigter. Da ist man mehr der Unterhaltungskasper, was auch okay ist. Aber wenn ich vor einer sehr bunten Klasse vorlese, gibt es nachher meist noch ein super Gespräch, an dem sich alle beteiligen, auch wenn sie nicht so toll deutsch können und ich oft dreimal nachfragen muss. Das Vorlesen ist für mich nicht nur eine tolle Erfahrung, sondern in diesen Fällen in einer gewissen Weise auch politisches Engagement. Mit hängt das nämlich mittlerweile zum Hals heraus, wie Migrantenkinder nur noch als Problem betrachtet werden. Vor allem sind das erstmal Kinder! Mal ganz abgesehen davon, was die an Potential zu bieten haben, das unsere Gesellschaft lieber nutzen und nicht brach liegen lassen sollte.


BUZe: Hilft dir dein eigener Hintergrund bei den Gesprächen mit den Migrantenindern?


Hartmut El Kurdi: Ja, das ist schon hilfreich. Schon wenn sie meinen Namen hören, können die Kinder sehen: Das ist jemand, der auch einen ähnlichen Hintergrund hat. Er kommt aus einem anderen Land, ist aber trotzdem ein deutscher Schriftsteller, ein deutscher Theatermacher. Leider werden diese Kinder heute nur noch in die Schublade gepackt, auf der „zukünftiger Kleinkrimineller, Drogenhändler oder Terrorist“ steht. Ich würde gerne dem kleine Mädchen mit Kopftuch vermitteln, dass sie z.B. auch Abitur machen, studieren und vielleicht Theaterstücke schreiben kann. Oder Ärztin werden. Oder Steuerberaterin. Man muss die Optionen allerdings auch aufzeigen. Und vorleben. Diese Kinder brauchen Unterstützung und positive Beispiele. Und um diese aus meiner Sicht höchst politische Arbeit zu leisten, muss man gar keine expliziten politischen Inhalte transportieren. Da kann man eben auch Geschichten von verdrehten Superhelden und Piraten erzählen. Inzwischen werde ich teilweise auch sehr bewusst von bestimmten Schulen engagiert, die das kapieren und die dem, was ich da mache, sehr positiv gegenüber stehen.


BUZe: Wo wir gerade beim Thema Migration sind. Hast du von deinem Vater eigentlich die arabische Sprache gelernt?


Hartmut El Kurdi: Nein, leider nicht. Ich bin zwar in Jordanien geboren, aber dann sind wir bald nach England gezogen, weil mein Vater da einen Job bekommen hat. Ich bin zweisprachig englisch/deutsch aufgewachsen. Meine Schwester ist zehn Jahre älter und kann auch arabisch, weil sie in Jordanien zur Schule gegangen ist. Aber die Umgangssprache in unserer Familie war Englisch. Daher kann ich leider kein Arabisch sprechen. Ich könnte es natürlich gerade für meine Theaterarbeit in Schulen sehr gut gebrauchen, müsste es aber jetzt wie jeder andere komplett neu lernen.


BUZe: Zusätzlich zu deiner schriftstellerischen Tätigkeit bist du auch als Gitarrist der Band „The Twang“ aktiv, die mittlerweile recht erfolgreich ist.


Hartmut El Kurdi: Ja. Aber die Schriftstellerei ist mein Beruf, von dem ich leben muss. Die Musik ist schon immer mein Hobby gewesen. Die Geschichte mit „The Twang“ hat sich dadurch ergeben, dass wir öfter mal eine Lesung mit Musik zusammen gemacht haben. Als die Jungs von der Band dann feststellten, dass ich auch Gitarre spiele, haben sie mich eingeladen, mal als Gast mitzuspielen. Und als dann ein Gitarrist ausstieg, war ich auf einmal festes Bandmitglied. Da ich vorher bereits jahrelang nicht mehr in einer Band gespielt hatte, ist das mal wieder ein sehr schöner Ausgleich für mich, zumal ich es genieße, auf der Bühne mal nicht so im Vordergrund zu stehen. Die Musik ist also eigentlich nur ein Hobby, aber andererseits auch eine Inspiration für meine Arbeit. Neulich habe ich in Dortmund ein Kindertheaterstück inszeniert und dazu dann auch die Musik geschrieben und eingespielt. Normalerweise hätte ich da wohl einen Musiker engagiert, aber da ich in den letzten zwei Jahren mit „The Twang“ so viel Musik gemacht habe, habe ich mich dann entschieden, es selbst zu übernehmen. Und das hat auch sehr viel Spaß gemacht.


BUZe: Tretet ihr dann unter dem Namen „Hartmut El Kurdi featuring The Twang“ auf?


Hartmut El Kurdi: Nein, nein! Wir sind einfach „The Twang“. Ich bin auch nicht Hartmut El Kurdi, sondern „Reverend Al Twang“. Ich habe wie jeder andere in der Band ein Pseudonym.


BUZe: Ist die Aktivität bei „The Twang“ finanziell eine Herausforderung für deinen Beruf?


Hartmut El Kurdi: Nein, absolut nicht. Wir bekommen zwar inzwischen akzeptable Gagen, aber die werden direkt wieder reinvestiert. Wir produzieren unsere eigenen Platten und haben für unsere letzte Scheibe sogar unser eigenes Label gegründet. Da alle Bandmitglieder richtige Jobs haben, können wir uns auch mal ein bisschen mehr leisten. Zum Beispiel eine Demo-CD mit Raritäten und Outtakes zum 10-jährigen Jubiläum. [Das Jubiläumskonzert wird am 30.04. ebenfalls in der Brunsviga stattfinden, Anm. des Aut.]


BUZe: Wer wählt bei „The Twang“ die Songs aus?


Hartmut El Kurdi: Das funktioniert bei uns sehr demokratisch. Es kommt jeder mal ab und an mit einem neuen Song an, den er gerne mal ausprobieren möchte und das wird dann einfach gemacht.. Für die letzte CD habe ich zum Beispiel den Song „Jumpin’ Jack Flash“ angeschleppt.


BUZe: Jetzt verrate uns doch endlich mal das Geheimnis deines Gartenzwerges. Du bist bei deinen Kolumnen und auch auf deiner Internetpräsenz auf einem Foto mit einem kleinen Gartenzwerg zu sehen. Wie heißt der denn? Und wie bist du auf diese Idee gekommen?


Hartmut El Kurdi: Der Gartenzwerg heißt Eberhard und stammt aus meinem allerersten Solo-Kabarett-Programm. Das habe ich aufgeführt, als ich 19 Jahre alt war. Es hieß „Bekenntnisse eines Gartenzwerges“. Eberhard war mit mir auf der Bühne, und ich schlüpfte in meiner Rolle in ihn hinein, aber an den Rest kann ich mich nicht mehr so gut erinnern. Als ich anfing, für die Subway die Kolumne zu schreiben, brauchten die dringend und ganz schnell ein Foto. Meine Freundin und ich haben überlegt, was für ein Foto wir machen wollen. Ich habe dann einen Anzug angezogen und diesen Gartenzwerg in die Hand genommen, der das Kabarett-Programm aus irgendwelchen Gründen überlebt hatte. Und dann war der Zwerg da auf dem Foto und wurde zu meinem Markenzeichen. Es ist natürlich auch ein bisschen das Spiel mit diesem urdeutschen Symbol, was ja zum Kolumnentitel „El Kurdi spricht deutsch“ passt – oder auch nicht. Das sollte auch ein bisschen verwirren. Aber vielleicht bin ich ja trotz meines Namenshintergrundes auch einfach ziemlich deutsch; also so ein richtiger Gartenzwerg.


BUZe: Hartmut, wir danken Dir für das Interview.

Das Interview wurde geführt von Fabio Reinhardt und Adrian Gunkel